Subhash: Liebe Sophie, stell dich bitte ein bisschen vor.
Sophie: Ja, wer bin ich überhaupt? Jemand, der gerne und viel über das Leben nachdenkt, am ehesten würde ich mich als Philosophin bezeichnen, ein Mensch, der dem Leben gerne auf den Grund geht, tiefer und tiefer und tiefer und tiefer. Aus diesem Grund liebe ich es auch, mit Menschen zu arbeiten, diese zu verstehen, heraus zu bekommen, was sie im Innersten berührt. Meine Berufe der (Sozial)-Pädagogik und Heilmasseurin ergänzen sich hier auf wunderbare Art.
© Sophie von Bally, 2021
Was magst du am Fotografieren am liebsten? Oder anders gefragt: Warum fotografieren, wo doch ohnehin täglich Unmengen an Aufnahmen gemacht werden?
Weil ich damit meine ganz persönliche Sicht der Welt ausdrücken möchte. Und hier schließt sich wieder der Kreis zu meiner kurzen persönlichen Vorstellung – auch hier geht es mir darum, dem Leben auf den Grund zu gehen, dem sichtbaren Leben in diesem Fall. Als ich mit der Fotografie begann, dachte ich, was soll an meinen Fotos schon besonders sein? In meinem ersten Seminar merkte ich jedoch, dass jedes Thema, das von den Seminarleitern gestellt wurde, von jedem einzelnen Teilnehmer in so individueller und einzigartiger Art und Weise gelöst wurde, dass ich begann, auch meine Fotos immer mehr unter diesem Aspekt zu betrachten. Es macht mir Spaß, meine persönliche Sicht der Dinge und der Schönheit der Welt in jedem meiner Fotos auszudrücken.
© Sophie von Bally, 2021
Hast du bevorzugte Motive?
Oh ja! Wie man sieht, Gras und Gräser und feine Strukturen. Diese Feinheit und Schönheit von ganz unscheinbaren Dingen, die berührt mich, vor allem in der Natur. Außerdem bevorzuge ich Nahaufnahmen, da ich dort das Spiel mit Licht und Schatten besser wahrnehmen kann als in der Ferne. Sehr reizvoll finde ich auch das Spiel mit Motiven – das können in dem Fall auch Gegenstände sein – die man manchmal erst auf den zweiten Blick oder gar nicht erkennt.
Fotografierst du immer in Farbe oder drückst du dich in Graustufen (vulgo „Schwarzweiß”) ebenfalls aus?
Bis jetzt immer in Farbe – aber vielleicht entdecke ich die Grautöne noch.
© Sophie von Bally, 2022
Auch dir scheint das Spiel mit Schärfe/Unschärfe zu gefallen. Wie sehr spielen medienspezifische Möglichkeiten bei deinen Fotografien eine Rolle?
Sie spielen eine sehr große Rolle! Ich liebe das Spiel mit den unterschiedlichen Möglichkeiten, die eine Kamera bereit hält.
Ich komme mir dabei wie eine Forscherin, die immer wieder Neues ausprobiert – unterschiedlichste Einstellungen führen zu unterschiedlichsten Effekten. Vor allem aber fasziniert mich das Spiel von Schärfe und Unschärfe – mit weit geöffneter Blende zu arbeiten, ist wie eine Entdeckungsreise von sich stets auf’s Neue öffnenden Welten.
Welche bekannten Fotograf*innen schätzt du? Hast du Vorbilder oder ergibt sich dein fotografischer Weg ganz von selbst?
Nein, er hat sich nicht von selbst ergeben. Es waren vor allem die Werke von Dir, Subhash, die mich dazu verleitet haben, anders auf die Welt zu schauen, Fotografie als Spiel mit der Welt und Wirklichkeit zu erfahren. Auch die Inspirationen von Pramesh und Euren gemeinsamen Seminaren haben stark dazu beigetragen, meinen Weg zu finden.
© Sophie von Bally, 2016
Das freut mich, dass wir dabei behilflich sein konnten!
Wie entsteht üblicherweise eines deiner Werke? Hast du Konzepte oder Ideen, denen du folgst, oder entstehen Bilder spontan an Ort und Stelle? Wie sehr hast du ein Bild vor dem Auslösen der Kamera schon im Kopf?
Ich habe überhaupt kein Bild vor dem Auslösen im Kopf. In mir ist nur die Idee, etwas Schönes schaffen, einer Sache, mit der ich mich beschäftige, Ausdruck verleihen zu wollen. So kann ich mich stundenlang damit beschäftigen, beispielsweise Gräser von allen Seiten und in allen möglichen Licht- und Schattensituationen aufzunehmen und am Ende das Foto oder die Fotos zu bearbeiten, die mich am meisten inspirieren.
Manche fanden und finden, dass Fotografie sich nur an der Oberfläche der Welt bewegt, nicht aber in die Tiefe gehen kann. Was sagst du dazu?
Davon halte ich nichts. Gerade in der Fotografie kann man durch unterschiedliche Techniken und Bildbearbeitung in Verbindung mit dem ganz eigenen individuellen Blick, dem Sichtbaren eine solche Tiefe verleihen, die man ohne dieses Hilfsmittel so niemals ausdrücken, geschweige denn sehen könnte. Was und wie ich etwas einfange, sieht kein anderer Mensch auf die gleiche Art und Weise, die Tiefe, die sich daraus ergibt, ist unendlich. Und sie geht um so mehr ins Unendliche, um so mehr der Ausdruck sich den Weg durch das bloße Objekt bahnt.
© Sophie von Bally, 2017
Was stört dich an der Fotografie insgesamt gesehen, was findest du gut an ihr?
Mich stört an der Fotografie eigentlich nichts. Außer, dass es nicht immer so einfach ist und manchmal auch tatsächlich nicht klappt, manche Lichtsituationen so einzufangen wie man sie mit dem bloßen Auge sehen kann. Ich stoße da vor allem auch an technische Grenzen. Gut an ihr ist, dass sie so unendlich viele Möglichkeiten bereit stellt, das Leben in all seiner Fülle und Schönheit zu erfassen und zu erfahren.
Danke für das Interview und die Einblicke in deine fotografische Arbeit!
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