Ich glaube an den aufregenden Gedanken, dass Fotografie etwas zeigen kann, das noch nie gesehen wurde. Nicht nur fremde Gegenden und seltene Tiere, winzig kleine oder schrecklich große Dinge, auch Dinge beispielsweise, die auf ihrem Schreibtisch liegen, und die Sie so noch nie gesehen haben und vielleicht auch nie sehen würden. Ich glaube Fotografien aufnehmen zu können, die Unerkanntes zeigen und die nie jemand anfertigen wird, wenn ich es nicht tue. Und ich weiß, dass man seine Welt bereichert, wenn man das ganz Gewöhnliche nicht mehr auf altbekannte und langweilige Art wahrnimmt, sondern es schafft, neu hinzusehen.
Dieser Drang nach frischer unbefangener Wahrnehmung hat mich zu einem Bereich der Fotografie geführt, den ich „Abstrakte Fotografie” nennen möchte. Manchmal bedeutet dieser Begriff einfach buchstäblich, dass irgend etwas „abgezogen” wurde vom Offensichtlichen, manchmal aber auch, dass es gar nichts offen Sichtliches gab, dass kein unmittelbarer Gegenstandsbezug vorhanden ist. Ich habe schon darüber geschrieben: Unmittelbar bevor mir der Knopf aufging, hatte ich wieder einmal die Arbeit Jackson Pollocks studiert. Sein Überschreiten dessen, was als Malerei gelten durfte, machte mich neugierig, auf welche Weise ich das erweitern könnte, was mir als Fotografie galt.
Im Nachhinein ist auch in meiner Arbeit eine Entwicklung sichtbar; Vorläufer, die das dann Kommende vorwegnahmen. Und doch ist es ein großer Unterschied, wenn man „das Fenster willentlich öffnen kann.”
Mit meinem neuen eBook „Vom Etwas zum Nichts, vom Nichts zum Etwas” möchte ich Sie ein wenig teilhaben lassen an meiner Forschungsreise. Und ich werde Ihnen zeigen, dass Fotografie nicht reproduzierend sein muss. Dass sie nicht nur dokumentarisch sein kann, sondern im Stande ist, Neues zu schaffen, so wie ein Musiker Neues schaffen kann.
Für die Fotograf*innen unter Ihnen beschreibe ich meine generelle Arbeitsweise von der Belichtung bis zum fertigen Bild. Zusätzlich gibt es die Belichtungsdaten und Anregungen zu den Bildern. Nicht, damit Sie meine Bilder kopieren können (obwohl das natürlich auch Freude machen und einem die Augen öffnen kann); sondern um Ihren eigenen fotografischen Weg mit frischer Neugierde zu gehen. Sie bekommen keine Instant-Anweisungen, sondern den einen oder anderen Wink, den Sie dann erforschen mögen oder auch nicht.
Glauben Sie mir: Eine neue Sicht ist nicht nur eine oberflächliche Sache. Sie bedeutet Zugang zu einer neuen Welt!
eBook „Vom Etwas zum Nichts, vom Nichts zum Etwas”
Abstrahierende bis nicht-gegenständliche Fotografie: anders fotografieren – neu sehen!
PDF, 9 MB.
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Ich finde diese Art zu fotografieren auch sehr spannend. Zuerst waren es mehr Zufallstreffer aber mit der Zeit bekam ich einen Blick für lohnende Motive. Für mich ist auch die Weiterbearbeitung in PS sehr wichtig.
Für mich ist diese Art der Fotografie eine Verbindung von Kontrolle und Empfänglichkeit, von Absicht und Zufall. Ja, dass man einen Blick dafür bekommt, kann ich bestätigen. Es ist wohl wie mit einem neuen Objektiv: Mit der Zeit lernt man vorauszusehen, wie es ein Motiv abbilden wird, so auch hier. Ich bin noch immer begeistert von diesen Fotografien!
Was das Ausarbeiten betrifft: Natürlich ist das wichtig. Eine JPG-Automatik – sei die Kamera auch noch so gut – ist ja nun wirklich nicht dafür ausgelegt. Ich verwende Photoshop in diesem Fall aber nur zu Zwecken, die auch schon in der Dunkelkammer möglich waren.
Kontrolle und Empfänglichkeit, gut ausgedrückt.
Der Verstand möchte ja immer kontrollieren und auch bei dieser Art von Fotografie versucht er durch gemachte Erfahrungen (Bilder) die Dinge wieder zu koordinieren, sprich durch Einflussnahme wieder eine Bildvorstellung umzusetzen. Ich spreche hier von der Vorgehensweise, bei der die Kamera ihren statischen Standpunkt verlässt und durch Verschiebung des Fokus eine Abstraktion erreicht wird. Der Engel des Zufalls ist hier mit im Spiel. Die andere Variante ist das SEHEN eines abstrakten Bildes, das dann ganz konventionell aufgenommen wird. Ist da nicht vielleicht die Empfänglichkeit größer? Oder ist nicht sowieso alles Empfänglichkeit, auch die Kontrolle?
Eine philosophische Frage. Oder eine religiöse. Ich selbst halte ja nichts vom Konzept des freien Willens („Man kann zwar tun, was man will, aber nicht wollen, was man will.” – Schopenhauer) und die abendländische Idee vom Ich für irreführend („Wir werden uns gewisser Vorstellungen bewusst, die nicht von uns abhängen; andere, glauben wir wenigstens, hingen von uns ab; wo ist die Grenze?” – Lichtenberg), daher würde ich deine letzte Frage bejahen. Alles ist „gegeben”, da ich letztlich keine Kontrolle über meine Kontrolle habe.
Schön, wenn Fotografien zu solchen Gedanken führen können …
Hallo Subhash,
„Vom Etwa zum Nichts“? Ich sehe es nicht so, denn die Aufnahmen zeigen sehr wohl Etwas. Zum Beispiel unsichtbare Naturkräfte bzw. deren Wirken: Wind, Wasserspiel, Lichteffekte einer Photonenspielerei. Nichts ist nicht darstellbar – weil Nichts nichts ist (Ludger Lütkehaus: NICHTS). Deine Fotographien, die ich als Metamorphosen unserer materiellen Welt interpretiere, verweisen überzeugend auf die Fragwürdigkeit von sicher geglaubter Realität. Die Welt ist nicht zwingend so, wie wie sie uns erscheint; sie ist das Ergebnis unsere Physis – und natürlich unserer Ideen, aber das ist ein anderes Thema und gehört jetzt nicht hier her. Wenn wir diese verändern – dafür reicht schon ein anständiger Rausch oder, viel besser, ein LSD-Trip – sind wir plötzlich in einer völlig veränderten Welt. Dein Fotobuch ist so ein Trip, ganz ohne Drogen. Wer sich Zeit und Muße nimmt, die Bilder auf sich wirken zu lassen, in einer stillen und ablenkungsfreien Umgebung, die gleichzeitig große Konzentration und ein freies Schweifen der Gedanken ermöglicht, dem können sich Wege in unbekannte Realitäten öffnen. Allerdings sind das, zumindest für mich, keine Wegs ins Nichts, sondern an Orte unbestimmter Sehnsüchte, die in uns allen vorhanden, gleichwohl aber meistens von alltäglicher Mühsal verschüttet worden sind. Du hast Wittgenstein zitiert. Vielleicht meint er ja im „Tractatus“ etwas Ähnliches wie ich, daß nämlich der Sinn der Welt außerhalb ihrer liegen müsse. Dann wären Deine Fotographien vielleicht Wegweiser in diese Richtung.
Lieber Jürgen,
Danke für deine Gedanken!
Wenn man ihn wörtlich nimmt, erscheint der Titel unsinnig, besonders, wenn man im Buch meine Beschreibung gelesen hat, ich hätte Nichts fotografiert. Und doch: Bewegen wir uns nicht ständig vom Etwas zu Nichts und wieder zum Etwas? Diese beiden Richtungen sollte der Titel angeben und das fotografierte Nichts ist selbstverständlich ein Etwas und kann bestenfalls hinweisen auf ein Nichts …
Von einem Sinn weiß ich nichts …
Nichts … – für mich ist es eine Utopie, ein Nicht-Ort, ein Nicht-Ding in der Nicht-Zeit, „zu der man kommt”, wenn man entschieden der Frage nachgeht, wer es denn ist, der diese Bilder betrachtet, diesen Text liest und sich nicht mit der Angabe einer Person zufrieden gibt, sondern weiter fragt, wer denn diese Person sieht …
Hallo Subhash,
ich bin unsicher, ob wir uns „ständig vom Etwas zum Nichts“ bewegen. Mir scheint eher, daß wir zwischen vielen „Etwassen“ hin-und-her eilen, die aber allesamt nicht viel mehr als nichts sind – von wenigen und seltenen Ausnahmen abgesehen.
Einen Sinn sehe ich natürlich auch nicht. Ich denke, so wollte auch Wittgenstein verstanden sein. Wenn überhaupt ein Sinn, dann ist er hier nicht erkennbar.
Was nun Deine Bilder angeht, würde ich sie nicht unbedingt als „abstrakt“ bezeichnen, denn dazu sind sie, zumindest teilweise, noch zu gegenständlich. Was hälst Du von „Verfremdet“ statt abstrakt? Auf jeden Fall lösen sie bei verschiedenen Betrachter*innen ganz unterschiedliche Fragen und Assoziationen aus.
Jürgen
Ich verwende den Begriff „Abstraktion” nicht alleine im Sinne der Ungegenständlichkeit, sondern im wörtlichen Sinn der „Verminderung” … – die auf anderer Ebene Vermehrung bringt.
„Verfremdet” gefällt mir nicht, weil mir dabei die Überzeugung zu sehr mitschwingt, die übliche (= herrschende) Wahrnehmung sei nicht-verfremdet und weiters, es gäbe überhaupt etwas Nicht-Verfremdetes. Obwohl ich Platons Idealismus (noch?) nicht ganz verwerfen will, verweigere ich mich dem hierarchisch-elitären Auswirkungen. Jede Wahrnehmung ist eine Art der „Verfremdung”, wie vertraut sie uns auch immer sei.