Digitalisierung (zu „Austrieb”)

Subhash: „Austrieb (Walnuss) #7481”

„Austrieb (Walnuss) #7481”

Das Foto des letzten Beitrags „Austrieb (Walnuss) #7481” (siehe links) habe ich zur selben Zeit wie hier auch auf Flickr gepostet. Es wurde unter die besten 500 Fotografien dieses Tages gewählt, und dadurch hatte ich in 48 Stunden über 6.000 Zugriffe, ca. 150 Sternchen (entspricht den hiesigen Herzerln) und mehrere Kommentare. Hier in der selben Zeit waren es an die 20 Zugriffe, 1 Herzerl und kein Kommentar.

„Fehlende Reichweite” nennt man das. Weiterlesen

Lebendiger fotografieren

Unzählige Fotos werden gemacht, und die meisten nicht einmal eine Sekunde lang betrachtet: „Schau!” – „Schön!” – … und das war’s auch schon.
Solche Fotos meine ich nicht, wenn ich von Fotografien spreche; auch die Fotografin oder der Fotograf haben keine Sekunde investiert um eines davon aufzunehmen. Wirklich hinzusehen braucht aber Zeit.
Subhash: „Pflanzenlicht #9282”

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Routine und Kreativität

Wenn man so will, kann man zwei Hauptrichtungen der Fotografie unterscheiden: Da wäre auf der einen Seite die dokumentarische Fotografie und auf der anderen die abstrakte, also die, die sich selbst zeigen und nicht auf etwas anderes verweisen will. Genauer differenziert hätten wir auf der Seite des Dokumentarischen diejenigen, die versuchen möglichst genau und nüchtern wiederzugeben, was vor ihnen liegt, und die anderen, die zeigen möchten, was sie angesichts der Szenerie empfinden. Auf der Seite des Abstrakten finden wir die, die sich inspirieren lassen auf der fotografischen Pirsch und andrerseits die, die aus der handwerklichen Beschäftigung mit dem Medium ihre Bilder ableiten. Weiterlesen

Der Goldene Schnitt

Nein, das ist nicht die Drittel-Regel: Der Goldene Schnitt teilt eine Strecke so, dass sich der längere Teil zur ganzen Strecke so verhält, wie der kürzere zum längeren. Er ist überall in der Natur zu finden und ergibt ein harmonisch/dynamisches Verhältnis. Die Fibonacci-Reihe bildet eine zunehmend genauere Annäherung an den Goldenen Schnitt und ergibt sich durch Addition einer Zahl mit ihrer Vorgängerin:

0 1 1 2 3 5 8 13 21 34 55 89 …

Man sieht gut, dass die Drittel-Regel eine nur sehr ungenaue Annäherung an den Goldenen Schnitt bedeutet. Für die Fotografin, den Fotografen ist das Verhältnis 3:5 praktikabel und genau genug. Man teilt die Strecke in die Hälfte, eine Hälfte wieder in die Hälfte und eines der Viertel, das näher zum Mittelpunkt liegt, nochmals in die Hälfte. Das kann man sich gut vorstellen. Weiterlesen

Wir brauchen das Ungenaue!

Subhash: «Las sombras #6738»

«Las sombras #6738»

Ob denn die Fotografie überhaupt imstande sei, das Wesen der Dinge wiederzugeben, das fragten sich viele der ersten Fotografen, wo sie doch wahllos eine Unmenge unnützer Details aufzeichne.

„Das Wesen der Dinge”: Wer verschwendet heute noch einen Gedanken daran? Man tut so, als ob Fotografie DIE WAHRHEIT darstelle, obwohl jedem Mitglied der westlichen „Zivilisation” klar sein müsste, dass hier alles Mögliche aufgenommen wird, nur ganz sicher nicht die eine, einzige Wahrheit. Man tut so, als sei diese oberflächliche Ansicht der Dokumentaristen schon das (oder jedenfalls genügend) Wesen der Dinge. Dementsprechend wird dem Detailreichtum gehuldigt, der Schärfe und der Quietschentchen-Buntheit. Das ist selbstverständlich auch Ausdruck eines Glaubens an die Wissenschaft, die sich ja ebenfalls nicht mit einem vermuteten Wesen beschäftigt, sondern mit Details, Stückwerk, Bruchstücken, und glaubt, dadurch DER WAHRHEIT auf die Spur kommen zu können. Weiterlesen

Wir sehen die Dinge nicht …

 

… wie sie sind, sondern wie wir sind.

(Anaïs Nin)

Daran ist ja auch gar nichts auszusetzen. Die Dinge sind eben nicht einfach nur so, sie sind immer in Bezug auf etwas anderes oder jemand anderen, einen fotografierenden Menschen beispielsweise. Nur sollte einem das auch bewusst sein: Die Welt ist nicht einfach, sie ist in Bezug auf mich. Sie ist so oder so, weil ich so oder so bin. Damit meine ich keinen hybriden Allmachtsanspruch, denn ich bezweifle, dass mein Sein zu einem nennenswerten Teil meinem Willen unterworfen ist, aber meine Welt – und eine andere kenne ich nicht – ist abhängig von meiner Betrachtungsweise. Weiterlesen

Beifuß (Saturn)

Bevor der Glaube an die Aufklärung und damit an den neuen Gott „Ratio” beherrschend wurde (und lange bevor dieser durch den Gott „Mammon” abgelöst wurde), war die Welterklärung eine grundlegend andere. Es wurde in Zusammenhängen gedacht, oder vielmehr empfunden, in Analogien. Innen und Außen war nicht streng getrennt, die Chimäre „Objektivität” noch nicht erfunden und Subjektivität selbstverständlich. Oben und unten klangen miteinander und der Kosmos fand sich im kleinsten Garten wieder. Die Sprache war eine wesentlich andere, sie war Gleichnis, Anrufung, Magie, Schöpfung. Urbilder der Existenz waren den Gelehrten vertraut, deren Namen die Namen von Göttern und Göttinnen oder von kosmischen Kräften, nach den Wandelsternen benannt.
Beifuß beispielsweise war kein Unkraut, sondern eine Verkörperung des Saturnprinzips:
Subhash: „Beifuß #4912” Kommentieren →

Alchemie

Alchemie – Die Kunst der Verwandlung

Alchemie – Die Kunst der Verwandlung ist Thema der Ausstellung in Kirchberg/Wagram, die heute um 19 Uhr eröffnet wird. Zahlreiche Sichtweisen behandeln dieses so vielfältige Gebiet. Ausstellungsort ist das alte Bezirksgericht, die Ausstellung ist bis 31. Juli zugänglich und kann samstags, sonn- und feiertags sowie gegen Voranmeldung besucht werden.

Außen und Innen gehören zueinander.
Das Suchen nach der Wahren Essenz
findet hier wie dort statt.
Teilen und Wiederverbinden ist die Methode,
angewandt wird sie auf Geist und Materie.
Wer zum Kern vordringt findet nichts – und alles.
Was zwei war, wird eins, wird keins.

mehr darüber

Licht kann man nicht sehen

Ist es nicht seltsam, dass man Licht nicht sehen kann? Lichtquellen sind sichtbar und das Auftreffen von Licht auf Materie; aber Licht selbst kann man nicht sehen.

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Normal ist egal

Wenn eine Fotografin über das banale Selfie hinausgekommen ist, ein Fotograf sich zum „engagierten Amateur” hochgearbeitet, ein bisschen was an Literatur konsumiert und den einen oder anderen Workshop besucht hat, dann beginnt für so jemanden unter all den anderen neuen Begriffen auch das „Normalobjektiv” herumzugeistern. Da würde man was lernen, wenn man das verwendet, heißt es (frau auch), es sei der Klassiker unter den Objektiven. Eine Festbrennweite verwenden, wird empfohlen, nicht herumzoomen (stattdessen das „Turnschuhzoom” verwenden, wird fälschlich von den Auskenner*innen empfohlen). Jede*r, der oder die etwas auf sich hält, muss erst einmal die „Normalbrennweite” meistern bevor man (oder frau) zu etwas Exotischerem greift, wird verlautbart. – Na ja. Weiterlesen

Welt und Anschauung

„Vor der Eröffnung”

Vor der Eröffnung

Ein Text zur Ausstellung in Zwettl beim Sammer:

Alle Fotografie abstrahiert.

Bleiben wir fürs Erste bei der ohnehin herrschenden Sichtweise, es gäbe „da draußen” eine Welt voller Dinge und voller Energie, und wir als menschliche Wesen hätten Organe um davon ein wenig mitzubekommen.

Unseren Sinnesorganen ist nur ein kleiner Teil dieser Außenwelt zugänglich, und dieser Teil wird in der Fotografie auf optischen Wahrnehmung und weiter auf einen bloßen Teil des Visuellen begrenzt. Beispielsweise kann ich die Spanne der Helligkeitsunterschiede, die ich sehen kann, nicht ohne weiteres fotografieren. Nehme ich sie mittels speziellem Verfahren doch auf, so kann ich sie weder dem Augeneindruck entsprechend auf einem Monitor darstellen, noch aufs Papier bringen. Weiters ist das übliche fotografische Bild bekanntlich auf zwei Dimensionen beschränkt. Aus bewegtem Geschehen wird ein Standbild, aus dem Gesichtsfeld eine Aufnahme. Und doch wurde die Fotografie in ihren Anfängen als ein Medium gefeiert, das eine nie zuvor erreichte Objektivität und wirklichkeitsgetreuen Realismus ermöglichte. Gleichzeitig jedoch gab es kritische Stimmen, die fragten, ob sie denn überhaupt imstande sei, das „Wesen der Dinge” zu erfassen. Ob sie nicht, überladen mit völlig überflüssigen Details und „unnatürlicher Schärfe”, ein nur oberflächliches Abbildungsmittel des bloßen Augenscheins sei. Weiterlesen

Grundlagen: Schärfe in der Fotografie

Eingangsschärfung in Adobe Lightroom (dort 100%-Ansicht)

Eingangsschärfung in Lightroom

Schärfe ist heutzutage eine heilige Kuh. Das war nicht immer so und hat meines Erachtens nach weltanschauliche Gründe. Die Haltung, dass viel Information per se wünschenswert sei und zu einer besseren Annäherung an die als objektiv vorhanden vorgestellte Wirklichkeit führe (und „besser” wird heute letztlich mit „profitabler” gleich gesetzt), bringt mit sich, dass Detailreichtum und scharfe Abgrenzung in einer Fotografie geschätzt werden. Diese wird ja landläufig eher als Abbild der Wirklichkeit empfunden, denn als Darstellung der Kommunikation zwischen Ich und Welt oder als Reaktion der Fotografin oder des Fotografen auf einen bestimmten Kontext, in dem das Bild entstanden ist. Dazu kommt noch eine gewisse Faszination der Technik gegenüber, die manchmal bis hin zum Wunsch nach einer Herrschaft von Experten führt, weil man sich dadurch „ein besser funktionierendes Leben” verspricht.

Dem gegenüber ließ der Piktoralist Heinrich Kühn ein Weichzeichner-Objektiv bauen, das den von ihm als lästig empfundenen Detailreichtum möglichst unterdrückte und nicht zu scharf zeichnete. Es wurde bis in die 1990er-Jahre von der Firma Rodenstock als „Imagon-Tiefenbildner” hergestellt 1)1): Was heute als nahezu unwidersprochenes Qualitätskriterium gilt, kann also ebenso als Oberflächlichkeit, ja, als Makel empfunden werden.

Um die Vorteile der Unschärfe soll es in diesem Artikel aber nicht gehen, sondern ganz zeitgeistig darum, wie man in der Ausarbeitung einer RAW-Aufnahme eine möglichst große, dabei aber harmonische Schärfe erreicht. Weiterlesen

Für eine Philosophie der Fotografie

Subhash: „Stele #1360”

„Stele #1360”

Der Medientheoretiker und Kulturphilosoph Vilém Flusser († 1991) betrachtete die Fotografie als sehr klares Beispiel für den soeben stattfindenden Kulturwandel durch die Erzeugung und Verwendung von Apparaten. In seinem 1983 erstmals erschienenen Büchlein „Für eine Philosophie der Fotografie” beginnt er diese Kulturkrise zu untersuchen und versucht die neu entstehende Daseinsform zu erahnen.

Bilder sind keine eindeutigen Symbolkomplexe wie etwa Zahlen, sondern bieten Raum für Interpretationen. Durch den über die Bildfläche schweifenden Blick wird Zeit als ewige Wiederkehr des Gleichen und der Raum als Raum wechselseitiger Bedeutung rekonstruiert. Flusser meint, dass sich in Bildern nicht historische Linearität mit Ursache und Folge, sondern eine magischen Welt zeige, in der sich alles bedeutungsvoll miteinander verbunden wiederhole. Weiterlesen