Ich war ja schon darauf gefasst, dass sowohl Spiegelreflexkamera, als auch Notebook ruiniert sind, die Bücher durchweicht, die Aufzeichnungen und Mitschriften unleserlich. Drei Stunden unaufhörlich wie mit einem Kübel von Salzwasser begossen werden: Das kann ja nicht gutgehen. Ich war schon bis auf die Unterhose durchnässt, Kopftuch, Hemd und Hose klebten an mir und trotz karibischer Hitze und wärmsten Meerwasser ließ uns drei Expeditionsteilnehmer der Wind fast frösteln.
Das Band, das meine langen Haare zusammenhalten sollte, war längst von meinem Kopf gerissen und über Bord gespült worden. Mein Aussehen ähnelte nun tatsächlich immer mehr dem rothaarigen Seeräuber der Karibik, den die Fischer von Tolú schon zuvor in mir gesehen hatten. Wie Christian bemerkte: Solche Ereignisse wie diese wilde Überfahrt machen einem wieder einmal unmissverständlich bewusst, was für ein kleiner Wurm man auf dieser riesigen Welt ist. Wie abhängig vom guten Willen seiner Mitmenschen und vom Material, mit dessen Hilfe man sein Ziel glücklich zu erreichen glaubt.
Wir waren viel zu spät und noch dazu in einem zu kleinen Boot von Tolú aufgebrochen – wie uns später gesagt wurde – um die entlegenste Insel der “Islas de San Bernardo” aufzusuchen. Ein leichter Seegang mit frischem Wind sorgte dafür, dass wir und die drei Mann Bootsbesatzung ordentlich begossen wurden. Glücklicherweise hielt der 40-PS-Außenbordmotor durch und nach drei langen Stunden erreichten wir die Insel Múcura. Erstaunte Afrokariben empfingen uns, denn um diese Zeit hatte niemand mehr mit Besuch gerechnet. Erste Erkundigungen nach Zimmer, Essen und Weiterreisemöglichkeiten waren schnell vorgenommen, und dann wagten wir zaghafte Blicke ins Gepäck: Das eingebaute “All Weather Cover” meiner Fototasche und meines Rucksacks hatte der nassen Bootsfahrt Gott sei Dank standgehalten! Notizbuch und Pass waren ohnehin in verschließbaren Plastiksäcken verpackt, trotzdem etwas feucht geworden, aber sonst unversehrt. Nur sämtliches Papiergeld war völlig durchweicht, sowohl das in der Hosenseitentasche, als auch das in der Bauchtasche unter Hose und Hemd. Meine Reisetasche war von einem Plastiksack umhüllt gewesen: Auch hier alles trocken. Meine beiden Mitreisenden hatten weniger Glück. Bücher nass, kein einziges trockenes Kleidungsstück, nicht zu reden von Papiertaschentüchern oder Toilettpapier. Aber immerhin schienen Kamera und Notebook auch hier in Ordnung.
Der Strand nun war allerdings tatsächlich wunderschön, die Leute sehr freundlich, neugierig, aber nicht aufdringlich und ein wunderbares Mittagessen mit frischem Meeresfisch, Reis, Kochbananen und frischen Fruchtsäften ließ uns die Strapazen schon wieder fast vergessen.
Unser Quartier auf Múcura sah aus wie aus “Myst”, “Riven” oder “Exile”.
Wir verzichteten auf den Stromgenerator und kamen auf diese Art billigst ganz allein in einer großen Hotelanlage unter.
Ein Guide, der sich uns zur Verfügung gestellt hatte und meinem ältesten Sohn Samuel in Wesen, Aussehen und Bewegungen verblüffend ähnlich war, zeigte uns in der Abenddämmerung sein Dorf, in dem 70 Familien leben, während in unseren Zimmern Kleider, Geld und Bücher trockneten. Die Insel Múcura ist vom Tourismus stärker beeinflusst als Isla Fuerte, auf der wir am Vortag unsere kleine Expedition begonnen hatten. Aber auch hier meint man durch ein afrikanisches Dorf zu spazieren mit lauter schwarzen Leuten, die manchmal ein klein wenig indigenen oder weißen Einschlag haben.
Während Isla Fuerte über genügend Trinkwasser und viel fruchtbaren Boden verfügt, scheint beides auf Múcura Mangelware zu sein. Die Isla Fuerte, wahrscheinlich wegen des “starken”, also festen, Bodens so genannt, weil sie als einzige Insel des Archipels keine Koralleninsel ist, bietet Mango, Papaja, Yamswurzel, Kochbananen, Guanavana, Yuca, Kokos und andere Früchte und Gemüse. Natürlich werden auch Meerestiere und Fisch gefangen, was ja auch auf Múcura geschieht, das aber sonst recht unfruchtbar ist. So gehen viele Einwohner nach Tolú, Cartagena oder Medellín um Geld zu verdienen. Der Tourismus hat nur kurze Saisonen; wir hatten das Glück auf beiden Inseln die einzigen übernachtenden Gäste zu sein. Auf Múcura gibt es zusätzlich Tagestourismus mit Ausflugsbooten.
Unser Guide outete sich – ausgelöst durch ein Chávez-T-Shirt – überraschenderweise als Chávez-Anhänger. Ungewöhnlich für Kolumbien, wo die rechtsgerichtete Marionettenregierung Uribe viele aufregende und rufschädigende Geschichten über den linken Präsidenten und Venezuela im allgemeinen zu erzählen weiß.
Christian und Verena recherchierten zu Geschichte, sozialen Gegebenheiten und Ökonomie der Inseln, ich übte die Rolle des fotografischen Berichterstatters aus, aber neben der durchaus interessanten Arbeit gab es auch Zeit für kurze Bäder und sogar zum Schnorcheln über Korallenriffs. Das Essen war herrlich (Fisch, Meereschnecken, Langusten, Shrimps, Reis, Kochbananen, Tomatensalat, Früchte, …) und die vielen schönen und frohen Menschen eine Augenweide in diesem Paradies.
(Zuletzt geändert am 25.10.'10 um 8:47)
Am 5. März 2008 um 20:28 Uhr
Hallo Subhash,
das sind ja traumhafte Fotos die ihr beide, du und deine Olympus, da zustande bringt.
Wunderschöne Gegend. Schönen Aufenthalt!
Gruß Simon
Am 5. März 2008 um 21:55 Uhr
Hallo Subhash,
na endlich. Gerade habe ich mir so ein bisschen Sorgen gemacht und schwups ins Reisetagebuch geschaut und finde diesen wunderbaren Bericht mit den tollen Fotos. Das ist nun wirklich ganz nach meinem Geschmack 😉 Am Puls des Lebens, intensiv und überraschend. Ich wünsche euch noch genussvolle Tage auf diesem wunderschönen Fleckchen Erde.
Alles Liebe
Brigitte
Am 5. März 2008 um 22:16 Uhr
Hallo Subhash!
Soll Dir von Rosina ausrichten, dass ihr das Foto vom Bootfahren (mit Steuermann) ganz speziell gut gefallen hat!
Wünsche Dir weiterhin eine schöne Zeit!
Liebe Grüße (ich gehe gleich schlafen, Du kannst die Sonne noch genießen),
Dietmar